
Von Helga von der Nahmer
DCA: Warum haben Sie die Laufbahn als Diplomat einem anderen Beruf vorgezogen? YANG: Ehrlich gesagt, habe ich keine andere Wahl gehabt und diesen Beruf – Diplomat – „zugeteilt” bekommen. Als ich Anfang der 1980er Jahre die Hochschule absolvierte, wurde in China noch das Zuteilungssystem durchgeführt, auch in beruflicher Hinsicht. Diplomat zu sein war damals in China für einen Fremdsprachenstudenten logischerweise immer ein Traumberuf. Und ich habe einfach Glück gehabt. Mit einigen anderen Kommilitonen wurde ich von der Hochschule dem chinesischen Aussenministerium als Kandidat vorgeschlagen. Nach einer Aufnahmeprüfung bin ich in das Aussenministerium eingetreten und wurde unmittelbar nach der Aufnahme vom Aussenministerium zu einem Aufbaustudium nach Deuschland geschickt. Erst nach dem Eintritt in die berufliche Laufbahn als Diplomat habe ich erkannt: Traum ist Traum und Beruf ist Beruf. Aber ich habe nichts zu bereuen, und ich kann mir keinen besseren Beruf vorstellen als Diplomat, mein Land nach außen würdig zu vertreten. Ich bin sehr froh, daß ich in meinem fast 30jährigen Diplomatendienst Kontakte geknüpft und gepflegt, Vertrauen geschaffen, chinesische Kultur vermittelt und damit den Ausländern Hilfe geleistet habe, mein Land besser zu verstehen.
DCA: Welche Ausbildung mußten Sie vorweisen, um für die VR China als Diplomat antreten zu können?
YANG: Früher stellte das Studium einer Fremdsprache, wie es bei mir der Fall war, die grundlegende Voraussetzung für den chinesischen Diplomatendienst dar. Heutezutage ist die „Schwelle” viel höher geworden. Neben Fremdsprachen ist auch ein Fachstudium wie Internationale Politik, Geschichte, Völkerrecht u.s.w. als zusätzliche Qualifikation und Voraussetzung für die Bewerbung vorzuweisen. Nach der einheitlich staatlichen Aufnahmeprüfung für den Beamtenberuf muss man noch eine spezielle schriftliche und mündliche Aufnahmeprüfung des Aussenministeriums bestehen. Hinzu kommt noch ein psychometrischer Test. Damit soll garantiert werden, dass man nicht nur in guter psychischer Verfassung in den Diplomatendienst eintritt, sondern auch in der Lage ist, mit schwierigen Situationen in der zukünftigen Laufbahn fertig werden zu können. Natürlich wird, wie in jedem Land, auch eine Sicherheitsprüfung durchgeführt.
DCA: Gibt es besondere Schwerpunkte, die Sie in der Metropolregion Hamburg setzen möchten?
YANG: Mit grosser Freude habe ich festgestellt, dass sich die Beziehungen zwischen China und Deutschland, welche im Jahr 2010 von beiden Seiten auf das Niveau einer strategischen Partnerschaft gehoben worden sind, sehr gut entwickelt haben und zwar in jeder Hinsicht. In diesen Beziehungen spielt die Metropolregion Hamburg eine immer wichtigere Rolle. Seit mehr als zweihundert Jahren pflegte die Hansestadt enge Verbindungen zu China. Heute ist China der wichtigste Aussenhandelspartner für die Hafenmetropole, mehr als die Hälfte des deutschen Warenaustausches mit der Volksrepublik wird über den Hamburger Hafen abgewickelt. Und für chinesische Firmen ist Hamburg das Tor zu Europa. Mehr als 400 chinesische Unternehmen sind hier angesiedelt und nutzen die Hansestadt als Drehscheibe für ihre Im- und Exporte mit China und der ganzen Welt. Darüber hinaus sehe ich für beide Seiten noch enormes Potenzial zum Ausbau des Austausches und der Zusammenarbeit. Das Themenspektrum des Austausches reicht von Hafen, Schiffahrt, Logistik, über Stadtplanung, Architektur, erneuerbare Energie und Umweltschutz, bis hin zu Kultur, Wissenschaft und Technologie, Bildungwesen, Sport und Tourismus. Ich würde sagen, all das gehört zu meinem Aufgabenbereich als offizieller Vertreter der Volksrepublik China in dieser Region. Alle Themenbereiche sind mir gleich wichtig und ich werde mich dafür einsetzen.
DCA: Ihre Landsleute haben gewiß eine bestimmte Erwartungshaltung: z. Bsp. Unterstützung bei Neuansiedlung von Unternehmen. Mit welchen Ersuchen treten Ihre Landsleute an das Generalkonsulat heran. Es gibt den Wunsch nach einer „Greencard“ für Chinesen, die inzwischen eine deutsche Staatsangehörigkeit haben. Diese möchten gern in ihr Ursprungsland einreisen können ohne lästige Visa Formalitäten.
YANG: Es leben und arbeiten mehr als zwölftausend Landsleute mit einem chinesischen Pass in dem Konsularbezirk Hamburg, Bremen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Und über sechshundert chinesische Unternehmen sind hier ansässig. Es ist die Pflicht und Verantwortung des Generalkonsulats, das legitime Recht und Interesse der Mitbürgerinnen und Mitbürger, seien es Geschäftsleute oder Studenten, zu wahren. Außerdem leben in dem Konsulargebiet auch noch ca. sechzehntausend Chinesen mit deutscher Staatsangehörigkeit oder mit einem Pass von dritten Ländern, die wir Auslandschinesen nennen. Sie unterhalten vielfältige Verbindungen zu China. In den letzten drei Jahrzehnten haben die Auslandschinesen einen großen Beitrag zur Wirtschaftsentwicklung Chinas geleistet, indem sie im Heimatland investieren, Geschäfte aufbauen oder wissenschaftliche Forschungsprojekte durchführen. Mit Dankbarkeit möchte ich außerdem den großartigen karitativen Einsatz der Auslandschinesen in der Katastrophenbekämpfung oder bei der Einrichtung von Schulen und Krankenhäusern in den armen Gebieten Chinas hervorheben. Hiermit darf ich auch darauf hinweisen, dass die chinesische Regierung die Integration der Auslandschinesen in die einheimische Gesellschaft ausdrücklich begrüßt und beständig die gesetzlichen Rahmenbedingungen wesentlich verbessert hat und Erleichterungen für das Leben, die Arbeit und das Reisen der Auslandschinesen im Heimatland gewährt. Das chinesische Generalkonsulat steht in engem Kontakt mit den chinesischen Gemeinden und Firmen hierzulande, um sich über die Wünsche der Landsleute zu informieren und ihnen die notwendige Hilfe zu leisten.
DCA: Nun eine eher persönliche Frage: an welchem Ort in Deutschland würden Sie besonders gern ein schönes Wochenende verbringen?
YANG: Ich war über vier Jahre Generalkonsul in München. Nach dem Dienstantritt in Hamburg bin ich immer wieder mit der Frage konfrontiert worden, welche Stadt mir am meisten gefällt. Und ich darf solche Frage auch immer wieder „diplomatisch” beantworten: Hamburg hat etwas, was München nicht hat. Umgekehrt genau so. Es ist so schön, am Wochenende mit einigen Freunden in einem Münchener Biergarten ein Bierchen zu trinken und gemütlich und zwanglos zu plaudern. Es ist ebenso schön, auf der Terrasse meiner kleinen Wohnung unmittelbar an der Elbe bei einem chinesischen Grüntee sich am Anblick des wunderbaren Sonnenuntergangs zu erfreuen. Bedauerlicherweise habe ich an den sechs Wochenenden seit meiner Ankunft in Hamburg immer wieder etwas Dienstliches zu tun gehabt, als das Wochenende geniessen zu dürfen. Als junger Student habe ich Anfang der 1980er Jahre in Hamburg angefangen, Deutschland, die deutsche Bevölkerung, deutsche Kultur und Geschichte kennenzulernen und mich auf meine zukünftige Laufbahn als „Diplomat” vorbereitet. Höchstwahrscheinlich werde ich in Hamburg meine diplomatische Laufbahn beenden. Ich würde sagen, dass in meiner Laufbahn Deutschland einen besonderen Platz einnimmt, gerade auch Hamburg. Ist das ein Zufall oder sollte ich sagen „eine göttliche Fügung“? Sie sehen, Hamburg hat eine besondere Bedeutung für meine berufliche Laufbahn und gar in meinem ganzen Leben.
Wir danken für das Gespräch.