Neubeginn

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Die letzte Kolumne dieser Art, im Juli 2013 geschrieben und im Oktober veröffentlicht, erhielt die Überschrift „Umfassende Liebe“. Sie stellte einen zentralen Begriff der mohistischen Lehrtradition im Alten China dar, wies aber darauf hin, dass solche „Liebe“  vor allem  zu gegenseitigem Nutzen führen sollte. Dieses Thema drückte die Befürchtung aus, dass die Septemberwahl zu einer Großen Koalition mit ihren Eigenarten führen könne. – Von Anfang an deutet diese Kolumne ja öfter auch einen Zusammenhang  zwischen Maximen altchinesischer Denker und aktuellem politischen Geschehen in Deutschland an. Das soll auch so bleiben, denn eine Kolumne ist kein akademischer  Lehrtext.

Schon jetzt ist unübersehbar, dass umfassender Nutzen für die an ihr Beteiligten das Ziel  der Großen Koalition ist.  Kaum haben die Volksvertreter ihre Arbeit begonnen, genehmigen sie sich eine zehnprozentige Gehaltserhöhung und eine überaus erfreuliche, zudem beitragsfreie Rentenregelung. Deutlich ließen sie auch erkennen, dass kein bisschen politische „Liebe“ ihr Handeln bestimmt, schon gar nicht umfassend.

Auch andere Maximen der Mohisten, wie die Anhänger des Mo Ti genannt werden, bleiben beachtenswert.  Zum Beispiel drangen sie auf Maßhalten beim Ausgeben öffentlicher Mittel, so hehr auch die damit  verbundenen Ziele seien. Entschieden wandten sie sich gegen Angriffskriege  und wurden Experten für Verteidigungsanlagen. Gewiefte Redner, die sie waren,  schufen sie andererseits Grundlagen für sprachlogische und rhetorische Betrachtungen.  

Als Sozialethiker wurde Mo Ti, der Ahn dieser Lehrtradition, bezeichnet. Wenig ist über ihn bekannt, doch er schuf eine Massenbewegung, die sich in einer  aristokratischen Gesellschaft an die einfachen Leute wandte. Trotz dieser Ausrichtung gewann sie an mehreren altchinesischen Fürstenhöfen Einfluss. Bei regelmäßigen Zusammenkünften hämmerten Propagandisten den einfachen Anhängern in predigtartigen Reden die Grundzüge  ihrer Lehre ein. Um ihr Gefolge zu disziplinieren, verkündeten sie eigene Gesetze (fa), die jedenfalls jenseits der sonstigen staatlichen Ordnungen wirkten und anscheinend rigoros angewendet wurden. Nachdem  die mohistischen Lehren  Einfluss gewonnen hatten, spaltete sich die Lehrtradition auf und verschwand dann ganz aus der chinesischen Geschichte.  Allerdings hinterließ sie in ihr eine Spur, die folgenreich werden sollte. Über diese und deren aktuelle Bezüge wird die nächste Kolumne erzählen。 (April 2014) 

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