„Qingdao im Fokus – Lebenswerteste Wirtschaftsmetropole Chinas“ war der Titel einer Veranstaltung, unter dem sich die im östlichen Shandong gelegene und in Deutschland aufgrund kolonialer Vergangenheit sehr bekannte Hafenstadt Qingdao am 12.7.2018 in der IHK Frankfurt a.M. vorstellte.
Sie erfreute sich eines sehr zahlreichen Besucherzuspruchs, darunter viele Ehrengäste, und unter diesen wiederum etwa der frühere chinesische Fußball-Nationaltrainer Klaus Schlappner, der im Reich der Mitte immer noch einen legendären Ruf genießt, oder auch Kurt Karst, Präsident der Arbeitsgemeinschaft Deutscher China-Gesellschaften e.V.
Nach einem einführenden Präsentationsfilm begrüßte unter der Moderation von MU Jundian, Chef des Außenamtes Qingdao, seitens der gastgebenden IHK Dr. Jürgen Ratzinger, Geschäftsführer International, die Gäste als „aus der deutschen Stadt in China“ kommend. Qingdao zeichne sich bei weitem nicht nur durch das größte Bierfest Asiens aus, sondern sei Sitz großer Konzerne, Niederlassung vieler deutscher Unternehmen und habe die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit bei der Austragung der olympischen Segelwettbewerbe 2008 genossen. Und durch die auf höchster politischer Ebene vereinbarte Einrichtung des „Sino-German Ecoparks“ biete Qingdao auch eine qualifizierte Plattform speziell deutsch-chinesischer Wirtschaftskooperation.
Frankfurt seinerseits sei der wichtigste Wirtschafts- und Finanzstandort Deutschlands und zeichne sich nicht nur als Finanzmetropole und Logistikdrehkreuz aus, sondern auch durch seine chemische und pharmazeutische Industrie, den Automotive-Sektor, den Maschinen- und Anlagenbau sowie den IT-Bereich. Und neues touristisches Highlight sei die neue Frankfurter Altstadt, eine gelungene Mischung aus Rekonstruktion und Neubau.
Der Frankfurter Generalkonsul der VR China, WANG Shunqing, setzte den Besuch in Zusammenhang mit den chinesisch-deutschen Beziehungen insgesamt, die im 46. Jahr nach Aufnahme der diplomatischen Beziehungen eine hohe Wertigkeit vorher nie dagewesenen Ausmaßes erreicht hätten. Dies hätten jüngst wieder die 5. bilateralen Regierungskonsultationen in Berlin eindrucksvoll dokumentiert. Er selbst schätze Qingdao als lebenswerte und schöne Stadt, die sich durch Toleranz, Offenheit und Internationalität auszeichne. Sie sei Ausgangspunkt der maritimen Seidenstraße, und der von beiden Seiten eingerichtete Ökopark sei auch in Deutschland durch seine Geschäftsstellen in Frankfurt und München überzeugend präsent. Das Generalkonsulat sei jedenfalls jederzeit zur Hilfestellung bei dem Aufbau neuer bilateraler Kontakte bereit.
Frankfurts Bürgermeister und Stadtkämmerer, Uwe Becker, unterstrich die Bedeutung deutsch-chinesischer Sädtebeziehungen als Fundament guter staatlicher Beziehungen. Und die besonderen Beziehungen gerade Qingdaos zu Deutschland ergäben sich bereits aus der Historie. Zwischen Frankfurt und Qingdao gebe es viele Gemeinsamkeiten, u.a. seien beide „Hafenstädte“, Qingdao mit seinem bedeutenden Seehafen, Frankfurt mit seinem bedeutenden Flughafen, namentlich auch im Frachtbereich. Aufgrund des Brexits werde Frankfurt weiter an Bedeutung als europäisches Wirtschafts- und Finanzzentrum gewinnen. Die Dynamik der Stadt zeige sich u.a. daran, dass zur Zeit die große Zahl der Hochhäuser von der Zahl der Baukräne sogar noch übertroffen werde. Frankfurt pflege eine Partnerschaft mit Guangzhou, würde sich aber über eine Vertiefung der Beziehungen zu Qingdao freuen. Er hoffe, dass die Veranstaltung hierzu einen Anstoß biete, und überreichte dem Leiter der Gästedelegation, Vize-Oberbürgermeister LIU Jianjun, ein besonderes Geschenk aus der Höchster Porzellanmanufaktur, der zweitältesten deutschen Porzellanmanufaktur nach Meißen.

Vize-OB Liu entgegnete, dass Qingdao durch sein berühmtes Bier und seine Meeresfrüchte bekannt sei, Frankfurt durch die Paulskirche, seine Würstchen und den Apfelwein, ferner auch durch die deutsche Fußball-Bundesliga und Eintracht Frankfurt. Qingdao sei regelmäßig Schauplatz bedeutender Veranstaltungen. So etwa für die bereits genannten olympischen Segelwettbewerbe oder jüngst das Gipfeltreffen der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ). Man sei Standort bekannter Firmen, und auch die meisten chinesischen Hochgeschwindigkeitszüge würden vor Ort montiert. Der eigene Hafen sei der siebtgrößte der Welt und verbinde die Stadt mit 180 Ländern. Man plane einen neuen Flughafen mit einer kurzfristigen Passagierzahl von 35 Mio. und einer mittelfristigen von 55 Mio.
Touristisch attraktiv sei die durch die Kolonialgeschichte geprägte Altstadt, ferner spielten Musik und Filmproduktion eine große Rolle. Vize-OB Liu würdigte auch nachdrücklich Richard Wilhelm, den Pionier der deutschen Chinaforschung, der in Qingdao lebte und 1925 das China-Institut der Universität Frankfurt gründete. Zu Ehren dieses bedeutenden Mannes werde im Ökopark ein Richard-Wilhelm-Museum eingerichtet. Qingdao habe zwei Partnerstädte in Deutschland, nämlich Mannheim und Regensburg, verfüge aber auch über freundschaftliche Beziehungen zu anderen Städten wie Kassel, Kiel und Wuppertal.
Geboten wurden den Zuhörern ferner Erfahrungsberichte aus dem Wirtschaftssektor. Managing Direktor Rainer Bender von der Deutschen Bank teilte mit, dass seine Bank 2013 ihre jüngste Filiale von insgesamt 6 in China errichtet habe. Allerdings reichten die Wurzeln der Kontakte bis ins 19. Jahrhundert zurück, als die Deutsche Bank als Mitträger des Konsortiums der Deutsch-Asiatischen Bank bereits in China tätig gewesen sei, u.a. mit einer Filiale in Qingdao.
Nur Lob für die Geschäftstätigkeit in Qingdao hatte Dr. Hans Fechner, Geschäftsführer der Siempelkamp-Gruppe, eines in Krefeld ansässigen Technologieunternehmens. Das seit mehr als 100 Jahren bestehende Familienunternehmen ist Weltmarktführer auf dem Sektor von Hydraulikpressen. Aufgrund der Größe der produzierten Maschinen sei die Nähe zum Hafen Qingdaos ein wesentlicher Standortfaktor, und aufgrund der örtlichen Technischen Universität habe man auch keine Probleme bei der Rekrutierung akademisch ausgebildeten Personals. Zu spontanem Beifall der Zuhörer führte Dr. Fechners abschließendes beherztes Plädoyer für Freihandel und gegen den jenseits des Atlantiks aufkeimenden Protektionismus.
Zum Abschluss der Veranstaltung stellte ZHAO Shiyu, Präsident des Verwaltungskomitees des Ökoparks, den Ökopark selbst im Detail vor und verwies auf dessen Vertretungen in Frankfurt und München. Flankiert wurde dies durch eine filmische Darstellung, und zwar nicht in Englisch oder schwer verständlichem amerikanischen Englisch, sondern in akzentfreier deutscher Sprache. (bo)