Von Heinz D. Swoboda-Kirsch
Alles begann in Deutschland, als im Jahr 1934 der deutsche Ingenieur Herrmann Kemper ein Patent für den Urtyp der Magnetschwebebahn anmeldete. Seine Idee, Züge nicht auf Rädern, sondern auf Magnetfeldern schweben zu lassen hat sich bis heute, jedenfalls im Regelbahnverkehr, nur vereinzelt durchgesetzt. Die Forschung selbst begann in Deutschland schon 12 Jahre früher und die Idee selbst und die Vorstellung des Systems erfolgte bereits 1914 durch den Franzosen Emile Bachelet.
Nach vorangegangenen Testkonstruktionen zum Beispiel in Bayern, begannen im März 1983 im niedersächsischen Emsland Tests, die durch einen schweren Unfall mit tragischem Ausgang am 22.9.2006 beendet wurden. In den nachfolgenden Jahren tauchten immer wieder Vorschläge auf, Magnetschwebebahnen für bestimmte Verbindungen einzusetzen. So war zum Beispiel an eine Strecke von Münchens Flughafen zur Innenstadt und von Hamburg nach Berlin angedacht. Der deutsche Transrapid erreichte eine Geschwindigkeit von 450 km/h im Test. Für die Geschwindigkeit von 400 km/h benötigte er 120 Sekunden.
Anders als in unserem Land, hat China die Idee mit Hilfe von deutschen Konstrukteuren und Herstellern das prestigeträchtige Projekt im Linienverkehr umgesetzt. So wurde 2004 eine 30 Kilometer lange Strecke zwischen der Long Yang Straße in Shanghai und dem internationalen Flughafen Pudong errichtet. Der Transrapid, benötigt für die Strecke ganze 7 Minuten und 18 Sekunden und erreicht dabei eine Spitzengeschwindigkeit von 431 Kilometer. Die Beschleunigung des Zuges ist gewaltig. Bereits nach nur 3,5 Minuten (11,5 Kilometer Fahrstrecke) hat er diese Höchstgeschwindigkeit erreicht, die er wegen der geringen Entfernung allerdings nur 1 Minute halten kann. Wer jemals selbst im Transrapid gereist ist und einen gespannten Blick auf die Geschwindigkeitsanzeige gerichtet hat, kann nachvollziehen, wie faszinierend dieses Erlebnis ist, zumal man zu keinem Zeitpunkt den Eindruck hat, mit fast der halben Geschwindigkeit eines Verkehrsflugzeuges unterwegs zu sein.
Am 11.2.2021 erreichten uns Informationen aus dem „Reich der Mitte“, die in Bezug auf die technische Entwicklung im Verkehrswesen sehr interessant ist. China hat den Prototyp einer Hochgeschwindigkeits-Magnetschwebebahn eigenständig konstruiert und gebaut, die auf eine Geschwindigkeit von 620 km/h ausgelegt ist, der „Super Bullet Maglev Train“. Getestet auf zunächst noch kleiner Strecke wird die Bahn in Chengdu, der Hauptstadt der südwestlichen Provinz Sichuan. Dabei wurden modernste Baustoffe wie Carbon verarbeitet und auch die neuesten Forschungsergebnisse in Bezug auf den Luftwiederstand, der ja Energie kostet und starke Windgeräusche erzeugt, berücksichtigt.
Neu ist auch, dass anders als beim Transrapid in Shanghai Hochtemperatur-Supraleiter sog. HTS eingesetzt werden. In Vakuumröhren könnten Magnetschwebebahnen dieses neuen Typs vielleicht sogar 800-1.000 km/h erreichen.
Der Vorteil von Magnetschwebebahnen gegenüber der Gleisbahn ist nicht nur die mögliche höhere Geschwindigkeit und die enorme Beschleunigung. Weil die Magnetschwebebahn keine Achsen und Räder hat und nicht auf Gleisen rollt (sie schwebt nur wenige Zentimeter über ihrer Spur) treten weniger Verschleiß am Material und keine Rollgeräusche auf. Auch ist der Energieaufwand pro Passagier geringer.
Allerdings stören sich viele Menschen an den hohen Trassen, die dafür benötig werden und den Blick auf die Landschaft trüben. Für den Fall, dass man in der Zukunft Vakuumröhren in die Erde verlegen könnte, wäre auch dieses Problem gelöst.
Mit dem Einsatz dieses neuartigen Typs würde beispielsweise die Fahrt von Frankfurt am Main nach Hamburg in weniger als 1 Stunde möglich sein. Heute dauert die kürzeste Verbindung mit dem ICE circa 3,5 Stunden.
Warum sich die Magnetschwebetechnik im „Land der Ingenieure“ Deutschland nicht durchgesetzt hat, mag auch daran liegen, dass wir andere komplizierte Planungsverfahren haben und der Umweltschutz stärker berücksichtigt wird.
Für China, mit den riesigen Entfernungen zwischen den Städten ist die Magnetschwebebahn eine sinnvolle Ergänzung des schon jetzt sehr großen konventionellen Schienennetzes. Das Land verfügte bereits 2018 über ein Schienennetz von 131.000 Kilometern (Deutschland 38.500 Kilometer). Nach Angaben der UIC (The Worldwide Railway Organisation) waren davon (2019) 35.388 Kilometer ein sogenanntes Hochgeschwindigkeits-Schienennetz (Deutschland 1.571 Kilometer). Es ist das größte der Welt.
Hochleistungs-Schwebebahnen können eine sinnvolle Ergänzung zu den konventionellen Schienenbahnen sein und sind geeignet, die Lücke zwischen dem Luft- und Schienenverkehr zu schließen.
Der aktuelle Hochgeschwindigkeitszug „Fuxing 复兴号“, was so viel wie „Renaissance“ heißt, wurde mit Hilfe von Siemens gebaut, benötigt für die 1.300 Kilometer lange Strecke von Beijing nach Shanghai nur 4,5 Stunden. China treibt die Entwicklung von Hochgeschwindigkeitszügen an und ist, wie es in „Zeit online“ zu lesen war, „Weltspitze bei der Fertigung von Hochgeschwindigkeitszügen. “ Vom „Bahn-Entwicklungsland“ bis möglicherweise zum Exporteur von Hochgeschwindigkeitszügen ist es vielleicht nur ein kurzer Weg.
Interessant wird auch sein, wie sich das Hochgeschwindigkeitsnetz im Rahmen der neuen Seidenstraße länderübergreifend entwickeln wird und ob in der Zukunft dafür auch Magnetschwebebahnen eine Rolle spielen werden.
Übrigens: Die weltweit weiteste konventionelle Eisenbahnverbindung (Fracht) führt von Yiwu in der ostchinesischen Provinz Zhejiang über Kasachstan, Russland, Weißrussland, Polen, Deutschland und Frankreich bis nach Madrid in Spanien.
Für die durch 8 Länder führende lange Reise über 13.000 Kilometer benötigt der Zug ungefähr 15 Tage. Deutlich weniger als die Containerriesen, die dafür je nach Zwischenstationen ca. 35 Tagen benötigen, dafür heute aber über 20.000 20-Zoll-Container (TEU) befördern können. Vorstellbar ist auch, dass in der Zukunft auf dieser Strecke auch durchgängig oder in Teilabschnitten Personen befördert werden können.